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Kerstin Wiskemann, Foto: coach@school.
Interview mit Kerstin Wiskemann

Ein Bücherkoffer erobert das Land.

Kerstin Wiskemann, Gründerin und 1. Vorsitzende des Vereins coach@school e.V., über die Erfolgsgeschichte der bunten Bücherkoffer.
Demokratie stärken

Am 20. Oktober öffnet die Frankfurter Buchmesse ihre Tore, Ehrengast in diesem Jahr ist das mehrsprachige Kanada. Bücher auf englisch, französisch und in vielen anderen Sprachen gibt es auch in den Rollkoffern des „Hamburger Bücherkoffers“, der 2019 den mit 20.000 Euro dotierten 1. Platz des Deutschen Integrationspreises der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung gewonnen hat. In einem vierwöchigen Crowdfunding-Contest war es dem Bücherkoffer-Team gelungen, bundesweit die meisten Unterstützerinnen und Unterstützer von ihrer Idee zu überzeugen. Zusätzlich zu den Geldern der Crowd erhielten die 20 erfolgreichsten Integrationsprojekte des Wettbewerbs insgesamt 150.000 Euro Preisgelder von der Hertie-Stiftung. Das „Bücherkoffer Programm“ ist bundesweit das erste Leseförderprogramm an Grundschulen und Kitas, das Mehrsprachigkeit berücksichtigt – und eine Erfolgsgeschichte, die hierzulande immer mehr ins Rollen kommt. Wie es dazu kam? Wir sprachen mit Kerstin Wiskemann, Gründerin und 1. Vorsitzende des Vereins coach@school e.V., der das Bücherkoffer Programm seit 2017 umsetzt. 

"Der knallblaue Bücherkoffer ist einfach ein rollendes Überraschungspaket, prall gefüllt mit 12 Kinderbüchern in 50 verschiedenen Sprachen." 

Was hat sich seit der Verleihung des Deutschen Integrationspreises (DIP) der Hertie-Stiftung getan? 

Sehr viel! Unser Verein wächst, und es kommen immer mehr Standortpartner für das Bücherkoffer Programm hinzu. Allein im kommenden Schuljahr wird der Bücherkoffer in sechs Bundesländern in über 500 Klassen rollen. Ganz aktuell haben wir gemeinsam mit dem Ministerium für Schule und Bildung in Nordrhein-Westfalen den „Bücherkoffer NRW“ auf den Weg gebracht, der im Rahmen eines Landesprogrammes zur Förderung von Mehrsprachigkeit in 70 Grundschulen rollen wird. Der DIP der Hertie-Stiftung war dabei von Beginn ein wichtiger Meilenstein für unsere Entwicklung. Mit dem 1. Platz dieses Preises und der damit verbundenen gesellschaftlichen Anerkennung konnten wir weitere Stipendien und Fördermittel für unsere bundesweite Skalierung erhalten und unser Netzwerk ausbauen. Dafür sind wir sehr dankbar. 
 

Was ist das Besondere an den rollenden Bücherkoffern, die von den Kindern immer wieder für acht Tage mit nach Hause genommen werden dürfen?

Der knallblaue Bücherkoffer ist einfach ein rollendes Überraschungspaket, prall gefüllt mit 12 Kinderbüchern in 50 verschiedenen Sprachen. Die Kinder lieben ihn und sind richtig stolz, wenn sie den Koffer aus der Schule mit nach Hause nehmen und ihrer Familie präsentieren dürfen. Wir erreichen dadurch auf spielerische Weise, dass sich die Kinder und ihre Familien eher motiviert fühlen, zuhause in der Familiensprache gemeinsam zu lesen und vorzulesen. Die Sprache, die im Elternhaus gesprochen wird, wird somit zu einem Schatz, der Wertschätzung erfährt. Häufig zum ersten Mal. Ein wichtiger Ansatz, denn wir wissen aus Studien, dass es Kindern mit guten Kenntnissen ihrer Familiensprache leichter fällt, Lesen zu lernen, und auch Deutsch zu lernen. Die Kinder dürfen im Koffer ihre Lieblingsbücher aussuchen, was zusätzlich die eigene Lesemotivation fördert. Zum Abschluss einer Koffer-Runde bekommt jedes Kind eine Urkunde, die von unserer Schirmherrin, der Kinder- und Jugendbuch-Autorin Cornelia Funke, liebevoll gezeichnet wurde. Ein eigenes Buch gibt es an einigen Standorten, wie zum Beispiel Hamburg, auch. Für manche Kinder ist es oftmals das erste Buch, das sie besitzen.

Welche Pläne habe Sie für das Bücherkoffer Programm?

Wir werden das Programm bundesweit mit Bildungsministerien, -behörden und -regionen noch weiter ausrollen. Bis Ende des Jahres 2021 werden wir in NRW, in der ostfriesischen Bildungsregion und an einem weiteren Standort, der noch nicht genannt werden kann, mit den jeweiligen Behörden das Bücherkoffer Programm starten. In Frankfurt und in Mainfranken wächst das Programm mit Partnern ebenfalls. Es gibt eine Menge zu tun. 

Weitere Infos zum Bücherkoffer Programm: www.coachatschool.org

INFO  Das Interview führte Rena Beeg für die Gemeinnützige Hertie-Stiftung  

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