Frankfurt, 1. September 2020. Erstmals können Schülerinnen und Schüler neurobiologische Experimente rein digital im „VirtualBrainLab“ durchführen. Das „VirtualBrainLab“ haben Fachdidaktiker im Fachbereich Biowissenschaften an der Goethe-Universität Frankfurt mit Unterstützung der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung entwickelt, die das Projekt mit 300 000 Euro förderte. (www.VirtualBrainLab.de).
In diesen Tagen steht „Neurobiologie“ auf dem Stundenplan der Schülerinnen und Schüler der Qualifikationsphase. Aufgrund fehlender Ressourcen und mangelnder Zeit fand dies bisher größtenteils nur theoretisch statt. Mit dem „VirtualBrainLab“ hat die Abteilung für Didaktik der Biowissenschaften der Goethe-Universität Frankfurt mit Unterstützung der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung nun ein wichtiges Add-on für die Lehrpläne entwickelt, das den Schülerinnen und Schülern einen spannenden Einblick in die neurowissenschaftliche Forschung gibt. Gemeinsam oder im Homeschooling können so momentan vier verschiedene neurowissenschaftliche Experimente aus den Bereichen Elektrophysiologie und Mikroskopie durchgeführt werden, die auf echten Daten basieren und in einem authentischen Forschungs-Setting stattfinden: „Die Messoberflächen und Layouts der virtuellen Experimente sind echten Experimenten nachempfunden – alles, was vorher nur im Labor möglich war, haben wir versucht digital umzusetzen. Damit möchte die Hertie-Stiftung die Digitalisierung von Lehrinhalten in den Schulen maßgeblich vorantreiben und auch anderen Fachbereichen einen Weg aufzeigen, wie dies didaktisch funktionieren kann“, erläutert Dr. Astrid Proksch, Geschäftsführerin der Hertie-Stiftung für den Bereich „Gehirn erforschen“.
Neuste Didaktik: Auf innovative Art für das Gehirn begeistern
Neben dem Voranbringen der Digitalisierung im deutschen Bildungswesen soll das „VirtualBrainLab“ dazu beitragen, Talente für die Neurowissenschaften zu gewinnen. Denn durch den resultierenden Mangel an praktischen Laborversuchen haben in der Folge viele Lernende Schwierigkeiten, die neurophysiologischen Konzepte zu verstehen. Viele entwickeln sogar eine Abneigung gegen diese Fachrichtung. Daher stellen speziell für Schülerinnen und Schüler konzipierte Neurosimulationen eine einzigartige Zugangsmöglichkeit dar, die bisher nicht geboten werden konnte. Nachdenken, messen und analysieren – so schlüpfen die Schüler in die Rolle des Forschers, wenn sie beispielsweise eine elektrophysiologische Messung mit verschiedenen Rezeptoren an einer aktiven Zelle durchführen.
"Um hochqualifizierten Nachwuchs schon bei der Entscheidung für ein Studienfach zu gewinnen, muss dieses Wissen adäquat in den schulischen Kontext transferiert werden. Die Neurowissenschaften sind darauf angewiesen, die besten Köpfe für ihr Fach zu gewinnen. Die dafür notwendige praxisnahe Vermittlung der modernen Neurowissenschaften und seiner Methoden gelingt im Schülerlabor auf vorbildhafte Art und Weise“, betont Prof. Dr. Paul W. Dierkes, Professor für Didaktik der Biowissenschaften an der Goethe-Universität Frankfurt. Gemeinsam mit seinem Team hat er das „VirtualBrainLab“ in den vergangenen Monaten aus dem bereits bestehenden Projekt „Schülerlabor Neurowissenschaften“ entwickelt.
„VirtualBrainLab“
Das „VirtualBrainLab“ baut auf dem erfolgreichen Konzept des „Schülerlabors Neurowissenschaften“ auf. Die Inhalte und Experimente wurden weiterentwickelt und für die Digitalisierung angepasst. Damit werden innovative Anwendungen wie die Neurosimulation oder das virtuelle Mikroskop nachhaltiger einer großen Zielgruppe zugänglich gemacht. Den Lehrkräften werden didaktische Arbeitsmaterialien an die Hand gegeben, so dass diese das „VirtualBrainLab“ direkt im Unterricht einsetzen können. Auch eine schlechte Internetverbindung stellt kein Hindernis dar, denn das Entwickler-Team hat darauf geachtet, dass die Experimente auch mit kleinem Datenvolumen gut funktionieren.
Hintergrund: Schülerlabor für Neurowissenschaften
Im Jahr 2014 wurde das „Schülerlabor Neurowissenschaften“ als Kooperationsprojekt zwischen der Goethe-Universität Frankfurt und der Hertie-Stiftung ins Leben gerufen und in das bestehende Konzept der Schülerlabors Goethe-BioLab im Fachbereich Biowissenschaften integriert. Insgesamt wurde das „Schülerlabor Neurowissenschaften“ von 2015 bis 2018 von 2.262 Schülern an 157 Terminen besucht, wobei die Angebote für die Sekundarstufe II mit 124 Terminen am höchsten frequentiert waren. „Naturgemäß haben Schülerlabore einen begrenzten Wirkungsradius. Ein im Internet verfügbares Labor mit Anwendungen zum virtuellen Experimentieren kann dieses Problem lösen und den Wirkungsradius erweitern. Die Voraussetzungen zur Entwicklung solcher virtuellen Experimente sind im Schülerlabor Neurowissenschaften in Frankfurt durch die bereits entwickelten virtuellen Angebote und der vorhandenen Expertise auf ideale Art und Weise gegeben“, so Professor Dierkes.
Bild zum Download: http://www.uni-frankfurt.de/91557326
Bildtext: Schülerinnen im digitalen Schülerlabor Neurowissenschaften (Goethe-Universität Frankfurt/Didaktik der Biowissenschaften)
Weitere Informationen:
Goethe-Universität Frankfurt
Dr. Sandra Formella-Zimmermann
Didaktik der Biowissenschaften
Tel.: +49 69 798 422 76
s.zimmermann@em.uni-frankfurt.de
Gemeinnützige Hertie-Stiftung
Dr. Claudia Becker
Kommunikation
Tel. +49 69 660 756 – 157
BeckerC@ghst.de
Goethe-Universität Frankfurt
Dr. Markus Bernards
Abteilung Presse und Kommunikation
Tel. +49 69 798 12498
bernards@em.uni-frankfurt.de
Über die Gemeinnützige Hertie-Stiftung: Die Arbeit der Hertie-Stiftung konzentriert sich auf zwei Leitthemen: Gehirn erforschen und Demokratie stärken. Die Projekte der Stiftung setzen modellhafte Impulse innerhalb dieser Themen. Im Fokus stehen dabei immer der Mensch und die konkrete Verbesserung seiner Lebensbedingungen. Die Gemeinnützige Hertie-Stiftung wurde 1974 von den Erben des Kaufhausinhabers Georg Karg ins Leben gerufen und ist heute eine der größten weltanschaulich unabhängigen und unternehmerisch ungebundenen Stiftungen in Deutschland. www.ghst.de
Die Goethe-Universität ist eine forschungsstarke Hochschule in der europäischen Finanzmetropole Frankfurt. 1914 mit privaten Mitteln überwiegend jüdischer Stifter gegründet, hat sie seitdem Pionierleistungen erbracht auf den Feldern der Sozial-, Gesellschafts- und Wirtschaftswissenschaften, Medizin, Quantenphysik, Hirnforschung und Arbeitsrecht. Am 1. Januar 2008 gewann sie mit der Rückkehr zu ihren historischen Wurzeln als Stiftungsuniversität ein hohes Maß an Selbstverantwortung. Heute ist sie eine der drei größten deutschen Universitäten. Zusammen mit der Technischen Universität Darmstadt und der Universität Mainz ist die Goethe-Universität Partner der länderübergreifenden strategischen Universitätsallianz Rhein-Main. www.goethe-universitaet.de