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Interview mit Dr. Sophie Weil

Das Gehirn hat mich schon immer fasziniert

Dr. Sophie Weil, Fellow des Hertie Network of Excellence in Clinical Neuroscience, spricht im Interview über ihre Forschungsziele und die Bedeutung von Zusammenarbeit.
Gehirn erforschen

Was hat Sie dazu bewegt, in die klinische Hirnforschung zu gehen? 

Das Gehirn hat mich schon immer fasziniert und ich wollte schon immer Ärztin werden. Im Studium kam ich auf der Suche nach einer Doktorarbeit zu Prof. Frank Winkler in die Experimentelle Neuroonkologie am Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg und fühlte mich hier sehr gut aufgehoben mit spannenden Methoden, einer super Betreuung und einem stimulierenden Umfeld. Und dann bin ich ebenso gerne zur klinischen Weiterbildung zur Neurologin und meinem Postdoc geblieben.

Einfach erklärt: Woran arbeiten Sie momentan? Was wollen Sie damit erreichen? 

Aktuell arbeite ich an der Frage, wie Glioblastome, also aggressiv wachsende hirneigene Tumore, nach einer chirurgischen Entfernung wieder genau an dieser Stelle wachsen. In meiner Doktorarbeit konnte ich zeigen, dass Tumor Microtubes - dünne zelluläre Fortsätze, die Tumorzellen anatomisch und funktionell miteinander verbinden - zu dieser Resistenz gegenüber der chirurgischen Entfernung beitragen.

"Für exzellente Forschung braucht es Mut und eine ganzheitliche, große, langfristige Perspektive."

Nun will ich besser verstehen, welche weiteren Faktoren in dieser Reaktion eine Rolle spielen. Darüber hinaus bieten Tumor Microtubes einen Angriffspunkt für neuartige Therapien, um Glioblastome besser behandeln zu können. Diese neuen Therapien teste ich in unserem Modell und bin immer wieder beeindruckt von unseren mikroskopischen Aufnahmen lebender oder bei erfolgreichen Therapien sterbender Tumorzellen im Gehirn.

Welche Rahmenbedingungen sind Ihrer Meinung nach für exzellente Forschung notwendig? 

Wenn Exzellenz bedeutet, dass etwas ganz Neues entsteht, innovative Ansätze entwickelt werden, neue Erkenntnisse gewonnen und Altbewährtes neu gedacht wird, dann braucht es für exzellente Forschung Mut und eine ganzheitliche, große, langfristige Perspektive. Dafür brauchen wir neben diesem Mindset von Interesse und Begeisterung ein Umfeld, das dies mittels finanzieller und zeitlicher Möglichkeiten für einen freien Kopf für die Ideenentwicklung und Forschung bietet, sowie eine Top-Ausbildung, den Austausch mit anderen interessierten und begabten Menschen, die durchaus verschiedene Hintergründe und Perspektiven auf die Dinge, aber ähnliche Ziele haben.

Wie motivieren Sie sich, wenn es gerade nicht so vorangeht, wie Sie es möchten?

Ich versuche in Balance zu bleiben, idealerweise gibt es einige Projekte oder Teile davon, die doch laufen. Dazu versuche ich, meine Perspektive nicht zu sehr zu verengen. Mir hilft dann auch der Austausch mit Kollegen sehr, die entweder ähnliche Probleme kennen oder Lösungen haben könnten. Dann versuche ich, physisch und gedanklich durchzuatmen und „einfach“ weiterzumachen.

Wann bzw. wo haben Sie die besten Ideen?

Die besten, kreativen Ideen kommen, wenn ich mir Zeit nehme zum Lesen und Nachdenken sowie im Gespräch mit Kollegen.

Hertie Network of Excellence in Clinical Neuroscience

Das Hertie Network of Excellence in Clinical Neuroscience und die Hertie Academy of Clinical Neuroscience bilden ein einzigartiges Netzwerk zur Förderung der klinischen Neurowissenschaften.

Mehr über das Hertie Network

Gibt es bereits ein konkretes Beispiel, wie Sie vom Hertie Network / der Hertie Academy profitiert haben?

Im vergangenen Herbst gab es eine Seminarreihe zu Leadership, welches mit einem Coaching virtuell stattgefunden hat. Ich fand es beeindruckend, wie trotz virtuellem Treffen ein echter Austausch entstand. Vor allem aber habe ich inhaltlich viel gelernt und manche der Strategien im Gespräch schon anwenden und bedenken können. 

Was möchten Sie während Ihrer Zeit im Hertie Network noch erreichen oder erleben?
Ich hoffe auf Zeiten, in denen wir persönlich zusammenkommen und uns so besser kennenlernen und austauschen können. Ich finde, dass die Hertie Fellows an spannenden Projekten arbeiten und glaube, dass da gut Synergien entstehen können. Natürlich wünsche ich mir auch, dass meine Projekte weiter Form annehmen und ich wichtige Erkenntnisse zur Resistenz von Glioblastomen gegen chirurgische Läsionen sowie Angriffspunkte dagegen gewinnen kann.

Haben Sie ein Motto/einen Vorsatz?
Denken und machen.

Das Interview hat dich zum Nachdenken angeregt? teile es