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Jubiläums-Interview mit Petra Roth, Oktober 2024

Die Stadt Frankfurt verdankt der Hertie-Stiftung viel

Petra Roth, ehemalige Oberbürgermeisterin in Frankfurt am Main, spricht anlässlich des 50. Jubiläums der Hertie-Stiftung über ihre langjährige Verbindung zur Stiftung, ihr Engagement im Projekt "Jugend entscheidet" und die Stadt Frankfurt als lebendige Stiftungsstadt.

Quick Read: Worum es geht

Die ehemalige Oberbürgermeisterin von Frankfurt am Main, Petra Roth, berichtet über die Schwerpunkte während ihrer Zeit im Kuratorium der Hertie-Stiftung. Wie sie ihre langjährige politische Expertise einsetzte, auch unerwartete Interessen entwickelte und warum sie heute das Projekt „Jugend entscheidet“ unterstützt. Darüber hinaus unterstreicht sie die bedeutenden Beiträge der Hertie-Stiftung für die Stadt Frankfurt.  

Die Hertie-Stiftung hat ihren Sitz seit ihrer Gründung vor 50 Jahren in Frankfurt am Main. Petra Roth war von 1995 bis 2012 Oberbürgermeisterin der Bankenmetropole und bis 2020 Mitglied im Kuratorium der Hertie-Stiftung. Wie die Grand Dame Frankfurts, der im Mai zu ihrem 80. Geburtstag die Ehrenprofessur des Landes Hessen verliehen wurde, die Zeit mit der Hertie-Stiftung erlebt hat, und warum sie sich nun für das Programm "Jugend entscheidet" engagiert, lesen Sie in unserem Jubiläums-Interview.   

Warum sind Sie 2011 dem Kuratorium der Hertie-Stiftung beigetreten?  

Also, beigetreten bin ich nicht. Man wird berufen, das ist ein großer Unterschied. In meinem Fall hat der Hertie-Vorstand gesagt, er würde es gerne sehen, dass ich im Kuratorium mitarbeite. Ich war damals Oberbürgermeisterin von Frankfurt und habe das sehr gerne getan.   

Was hat Sie an der Aufgabe gereizt? 

Ich habe mich im Hertie-Kuratorium engagiert, weil ich die Arbeit der Stiftungen in der Bundesrepublik generell für sehr bedeutungsvoll halte. Die Stiftungen sollen nicht die finanziellen Leistungen der Bundesregierung oder der Landesregierungen ergänzen. Daran mitzuarbeiten, macht mir viel Freude. Als Oberbürgermeisterin war ich stark in der Gestaltung der Weiterentwicklung der Stadt Frankfurt eingebunden. Also stand für mich fest: Mein Wissen gebe ich gern im Kuratorium weiter. 

"Frankfurt ist eine Stadt der Stiftungen, daher ist die Bandbreite dessen, was an Wohltätigkeit aus Stiftungen für Frankfurt und die Region geleistet wird, sehr breit gestreut."

Welche Themen und Schwerpunkte der Stiftung haben Sie speziell interessiert? 

Mich hat im Kuratorium – Sie werden staunen – die Finanzpolitik sehr interessiert. Und zwar deshalb, weil der Stiftungszweck wie bei allen Stiftungen nur erfüllt werden kann, wenn die Mittel nicht verausgabt, sondern gehalten werden. Die Stiftung muss Einnahmen generieren, damit sie ihre eigenen Programme finanzieren und andere Initiativen mit unterstützen kann. Das hat mich natürlich interessiert! Frankfurt ist eine Stadt der Stiftungen, daher ist die Bandbreite dessen, was an Wohltätigkeit aus Stiftungen für Frankfurt und die Region geleistet wird, sehr breit gestreut.  

Was konnten Sie mit Ihrer langjährigen politischen Erfahrung und Ihrem Netzwerk noch einbringen? 

Einbringen konnte ich 17 Jahre Oberbürgermeistertätigkeit und ein kommunales Mandat für die Stadt Frankfurt seit 1977. Da ist natürlich eine ungeheure Bandbreite an Wissen über Kommunal- und Regionalpolitik entstanden, heute würde man von Metropolenpolitik sprechen. Was die Stiftungen leisten, ist on top im Sinne von Kreativität und Förderung neuer Initiativen. Das ist ein umfassendes Werk, das mich mit seinen Investitionen immer sehr beschäftigt hat.  

Was haben Sie aus dieser Zeit im Kuratorium mitgenommen? 

Was ich großartig fand, war die Gründung der Hertie School in Berlin. Dass Roman Herzog als ehemaliger Bundespräsident und damaliger Kuratoriumsvorsitzender der Hertie-Stiftung mit seinen Ideen sagte: „Bitte lasst uns diese umsetzen.“ Dann die Realisierungen durch Herrn Dr. Michael Endres, der den Vorstandsvorsitz der Hertie-Stiftung innehatte. Auch die Entwicklung des Schwerpunktes Demokratie stärken mit den Programmen Jugend debattiert und Jugend entscheidet begeistert mich bis heute. In Erinnerung geblieben ist natürlich auch - da hatte ich als Oberbürgermeisterin von Frankfurt und Kuratoriumsmitglied zwei Hüte auf – die Millionenunterstützung der Hertie-Stiftung für die Erweiterung des Städel Museums. Durch die Positionierung des Neubaus unterhalb des Städel-Gartens wurde die vorhandene Ausstellungsfläche auf 7.000 Quadratmeter nahezu verdoppelt. Ein bedeutendes Architekturbüro aus Frankfurt hatte den internationalen Wettbewerb für diese Erweiterung gewonnen und umgesetzt. Der Bau ist zu einem großen Teil über das Engagement der Stiftung mit einem Millionenbetrag finanziert und dadurch ermöglicht worden. Die Stadt Frankfurt verdankt der Hertie-Stiftung außerdem den Wiederaufbau der Alten Stadtbibliothek, die wir 2005 gemeinsam mit Roman Herzog eingeweiht haben. Das sind zwei ganz große kommunale Investitionen der Hertie-Stiftung, die ihren Standort in Frankfurt hat und auch in ihrer Geschichte mit der Stadt verwurzelt ist.  

"Die Entwicklung des Schwerpunktes Demokratie stärken mit den Programmen Jugend debattiert und Jugend entscheidet begeistert mich bis heute."

Was ist der Grund, dass Sie sich heute als ehrenamtliche Fachberaterin für das Hertie-Projekt Jugend entscheidet engagieren? 

Die haben mich gefragt.  

Sie haben fünf Enkelkinder, spielte das auch eine Rolle? 

Nein, die waren, als die Anfrage kam, viel zu klein. Die sind jetzt vier, sechs, acht, dreizehn und sechzehn Jahre alt. Ich war damals gar nicht mehr im Kuratorium. Da hat Frank-Jürgen Weise, der ehemalige Vorstandsvorsitzende, mich und das Kuratorium mal zu einem Gespräch gebeten und gefragt: „Können Sie sich vorstellen, Jugend entscheidet zu begleiten? Sie haben so eine große Erfahrung mit Politik.“ Ich musste nicht lange überlegen, und nun bin ich bei den Treffen mit kommunalen Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern dabei, aber auch bei den Videokonferenzen mit den jungen Leuten aus dem Programm. Mein Beitrag liegt darin, diese Aktionen bürgernah umzusetzen. Dabei fasziniert mich immer wieder, wie engagiert sich diese jungen Menschen einbringen. Am Hertie-Institut für klinische Hirnforschung (HIH) in Tübingen habe ich das auch schon beobachten können.  

Inwiefern? 

Medizin interessiert mich persönlich sehr, und ich bin begeistert von der Gehirnforschung und dem Hertie-Leitthema Gehirn erforschen. Im Kuratorium war damals der Neurowissenschaftler Prof. Wolf Singer noch dabei, der Vorschläge im medizinischen Bereich gemacht hat, die von der Stiftung umgesetzt wurden. Hochinteressant! Prof. Johannes Dichgans, der Gründer des Hertie-Institut für klinische Hirnforschung in Tübingen, hat dann eines Tages zu mir gesagt: „Kommen Sie uns doch mal besuchen, Frau Roth, und gucken Sie sich das an.“ Und ich muss sagen: Ich bin so was von beeindruckt zurückgefahren, was dort am HIH geforscht wird und eben auch, wie jung und intelligent die Forscherinnen und Forscher dort sind.  

Letzte Frage: Was wünschen Sie der Hertie-Stiftung für die nächsten 50 Jahre?  

Ganz einfach ein „Weiter so!“  

INFO  Das Interview führte Rena Beeg für die Gemeinnützige Hertie-Stiftung

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