Am 4. Februar feiert das soziale Netzwerk Facebook seinen 15. Geburtstag. Eine mächtige Plattform, die schnelle, zeitgemäße und neuartige Kommunikation versprach, scheinbar für alles passte, gar als Heilsbringer gefeiert wurde. Auf Facebook sollten wir die Debatten der Zukunft führen. „Heute wissen wir: Facebook bietet allerlei, aber keinen Ort für Debatten. Darum sollten wir aufhören, Meinungsäußerungen in sozialen Netzwerken ‚Debatten’ zu nennen“, sagt Ansgar Kemmann (55), Leiter und Organisator des bundesweiten Wettbewerbes Jugend debattiert bei der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung. Kommentare auf Facebook seien oft „zu schnell, zu laut, zu selbstbezogen“, so Kemmann. „Erst in wechselseitiger Bezugnahme, im kritischen Hinterfragen von Begriffen und Zusammenhängen entsteht Debatte. Dazu ist Facebook kaum geeignet.“
Sich online informieren, offline debattieren
Politik-Student Pascal Walther (20) aus Löbau (Sachsen), Bundesfinalist 2016 bei Jugend debattiert, verbringt täglich eine Stunde auf Facebook und stellt fest: „In den Kommentarspalten posten vor allem diejenigen politische Beiträge, die extreme Gegenmeinungen haben. Das sind gar nicht immer die ganz jungen Leute, die tummeln sich längst auf anderen Kanälen wie Instagram oder Snapchat, sondern Erwachsene über 30 Jahre. Viele schreiben hemmungslos drauf los, konstruktive Bemerkungen kommen kaum“, so der Student.
Er selbst nutze Facebook nur noch, um sich international zu vernetzen und zu informieren, so wie viele Leute seiner Generation, sagt Pascal Walther, der zurzeit in Frankreich studiert. Sein Motto: „Um die Gegenseite wirklich zu verstehen, muss man Debatten offline führen. Respekt gehört dann natürlich auch dazu.“
Maßstäbe für Debatten kann schon die Schule vermitteln
„Genau diesen Respekt gilt es zu lernen, am besten schon in der Schule“, fügt Ansgar Kemmann hinzu und verweist auf Jugend debattiert: „Jugend debattiert ist ein Programm, das jungen Menschen Maßstäbe für Streitkultur vermittelt: praktisch, sachorientiert, von Angesicht zu Angesicht. Dann geht man auch mit Meinungen im Netz anders um.“ Dass Politiker, wie zuletzt Grünen-Chef Robert Habeck, ihren Facebook- und Twitter-Account vor Social Media-Überdruss löschen, hält Pascal Walther für „eine vertane Chance“: „Facebook bietet Politikern die Möglichkeit, sehr viele Menschen gleichzeitig zu erreichen und am eigenen Geschehen teilnehmen zu lassen“, so Walther. Das sei im digitalen Zeitalter wichtig und könne durchaus zu Debatten animieren. „Nur die Debatte selbst sollte man dann von Angesicht zu Angesicht austragen.“
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